

Diese Woche bin ich aus dem Sultanat von Oman zurückgekehrt. Seit vielen Jahren reise in diesem wunderbaren Land voller von Weihrauch, Parfümdüften, gastfreundlichen Menschen. In jedem Haus gibt es nach der Ankunft sofort ein Schälchen Kaffee, gewürzt mit Kardamom, und Datteln. Schliesslich kommen die Fremden von weit her, sind durstig und hungrig. Das ist die omanische Gastfreundschaft.
Nun ankern neuerdings die grossen Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Muscat, sie sind höher als die alten Paläste und stattlichen Häuser von Muttrah, einem alten Quartier der Hauptstadt. Etwas später strömen dann tausende von Menschen in den Souq und in die Häuser. Da bleibt sogar dem gastfreundlichsten Omani kaum mehr Zeit, die Fremden achtsam und traditionell zu begrüssen.
So ist es uns bei Wahiba in ihrem Beduinenzelt ergangen: Wir waren zum Mittagessen verabredet, brachten frisches, noch warmes Halwa aus der Stadt mit und sassen auf dem Teppich. Wahiba ist eine jahrelange Freundin von mir und wir sitzen bei unseren Kulturreisen bei ihr zu Hause und geniessen ihr Essen. Kurz darauf stürmte eine Gruppe Touristen – sie zufällig vorbei kam – mit Schuhen ins Zelt. Sie wollten sich « nur ein bisschen umsehen».
Ich bin eine tolerante Reisende – aber nein, so geht das nicht. Wenn wir Traditionen in einem Land nicht respektieren, verlieren wir den Kontakt zu den Menschen und können nur noch fotografieren, posten und digital chatten. Wo bleibt denn das Reiseerlebnis? Die Begegnung mit anderen Menschen, ihrer Kultur, ihrem normalen Alltagsleben und ihren Wünschen?
Sonja Müller Lang, Gedanken nach einer sehr schönen, vielfältigen Reise im Sultanat Oman, Frühling 2019.